Immer wieder kann man sich fragen, was weniger schmerzvoll ist: Ein relativ überraschender schneller Tod, bei dem man gar nicht so recht versteht, was passiert ist und sich dann hinterher immer wieder Gedanken macht, ob der andere auch wusste, dass man ihn unendlich liebt und ob man sich auch alles noch sagen konnte oder ein langer Abschied, auf den man sich einstellen kann, bei welchem man Zeit hat, das Meiste von dem zu tun, was man sich vorgenommen hat und nach welchem man dann sicher ist, dass alles gesagt wurde, immer wieder. Bei Yvan war es ein langer Abschied. Er dauerte vom 1. Februar 2005 bis heute vor fünf Jahren.
Am 1. Februar waren meine Schwester und ich mit Yvan bei der Tierärztin, weil er seit kurzem einen ungwöhnlichen Kugelbauch hatte, ansonsten aber schlank war. Die Diagnose war schrecklich: Krebs, von welchem zumindest die Leber stark befallen war. Unheilbar. Sie sagte, es könne noch zwei Wochen, vier Wochen oder höchstens 2 Monate dauern. Die ganze Familie war fassungslos.
Unser Yvan, der sanftmütigste, liebste Hund, der alles verstand, der der Mittelpunkt und Sonnenschein unserer Familie war!
Wir nahmen uns vor, ihm die letzten Wochen so schön wie möglich zu machen. Ich brachte Emma jeden Tag zu ihm, damit sie noch möglichst viel Zeit miteinander verbringen konnten. Wir kümmerten uns liebevoll um Yvan, versuchten immer, nicht vor ihm zu weinen und alles ganz harmlos aussehen zu lassen.
Jeden Abend, wenn ich kam, um Emma abzuholen, verbrachte ich noch Zeit mit ihm, sagte ihm immer wieder, wie unendlich ich ihn liebe und dass alles gut würde. Jedesmal gingen wir noch alle zusammen spazieren bevor ich mit Emma wieder nach Hause düste, um am nächsten Tag wieder zu kommen.
Jeden Abend fuhr ich heim, in der Angst und dem Wissen, es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass ich in diese wunderschönen treuen Augen geblickt hatte und das seidige Fell gstreichelt hatte.
Jeden Abend sah er uns nach und ich weinte ich auf der Heimfahrt so sehr, dass ich teilweise anhalten musste, weil ich blind vor Tränen war.
Die zwei Wochen , die vier Wochen und auch die zwei Monate gingen vorbei. Yvans 12. Geburtstag am 30. Juni feierten wir intensiver als jeden Geburtstag zuvor.
Der Bauch wuchs etwas, aber Yvan schien sich einigermaßen gut zu fühlen. Der Frühling kam und schließlich sogar der Sommer und immer mehr machten wir uns Hoffnung, ob die Diagnose vielleicht doch nicht stimmte.
Aber nein, es war die schreckliche Wirklichkeit, dass wir unseren Schatz verlieren würden. Es ist selten, dass sich eine solche Krankheit herauszögern lässt, aber unser Yvan hatte einen starken Willen.
Er war tapfer, ließ sich wenig anmerken und ging immer mit uns spazieren, auch gegen Ende, als er größere Schmerzen haben musste, ließ er es sich nicht nehmen, mit seinen Damen zu laufen, auch wenn es immer kürzere Strecken wurden und schließlich nur noch ein paar Schritte.
Yvan wusste ja, was geschehen würde. Wie immer wusste und verstand er alles. Er verabschiedete sich ebenfalls, auf seine Art. Er überschüttete uns mit Liebe, schleckte Emma ewig lang und immer wieder am ganzen Körper ab und genoss es, dass wir uns so um ihn kümmerten.
Gegen Ende war es immer schwerer. Sein restlicher Körper war sehr abgemagert vom Krebs. Er schlief viel und wurde deutlich schwächer. Bis zuletzt konnten wir einander alles sagen und uns immer wieder verabschieden.
Als er schließlich am Abend des 23. Oktober starb, hatte er die Zeit des langen Abschieds intensiv genutzt, um jedem Familienmitglied zu zeigen, wie groß und stark seine Liebe zu uns allen war und dass wahre Liebe unsterblich ist. Schon fünf Jahre ist es jetzt her, dass wir uns wirklich das allerletzte Mal verabschiedet haben.
Fünf Jahre ist Yvan nun frei und ohne Schmerzen dort, wo wir uns alle irgendwann wieder haben werden. Seine Vicky und seine Emma sind inzwischen bei ihm und viele, die er kannte und mehr oder weniger liebte. Durch diesen langen Abschied kann ich sicher sein, dass auch er weiß, wieviel er uns allen bedeutete und immer noch bedeutet.
Alles war gesagt, alle Liebe unendlich oft gezeigt worden. Es war ein langer und schwerer Abschied bis es wirklich nicht mehr ging, aber es war richtig so. Und Yvan wird immer in unseren Herzen bei uns sein, bis wir dann irgendwann wieder vereint sind. Für immer. Forever with me.