Stellvertretend für so viele verloren gegangene, vermisste, entlaufene Hunde und Katzen in diesem Winter möchte ich an dieser Stelle unbekannterweise Crusty gedenken. Ich wurde durch eine Zeitungsanzeige auf ihn aufmerksam. Nun muss ich dazu sagen, dass ich mit größter Leidenschaft den Tiermarkt in unserer Tageszeitung studiere. Nicht etwa, weil ich ein weiteres Tier anschaffen dürfte, nein, einfach aus Interesse. Auch die Anzeigen unter „Entlaufen/zugelaufen“ lese ich. Zwar nicht gerne, weil es ja bedeutet, dass ein Haustier vermisst wird, was sehr traurig für alle Beteiligten – Haustier und Besitzer – ist. Aber ich bin ein Mensch, der mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht. So fuhr ich einmal abends um halb elf in die Reben, weil ich in unserem Garten verzweifeltes Hundegebell gehört hatte. Und in der Tat: Das Beagle-Mädchen bei uns aus dem Ort war oben bei der Kapelle verheddert und bellte sich die Seele aus dem Leib. Ich bekam sie los und schwupps, raste sie nach Hause. Ob die Leute sie überhaupt vermisst hatten, weiß ich nicht. Sie haben sie später sowieso weggegeben…
Wenn ich aber eine Vermissten-Anzeige lese von unserer Gegend, schaue ich verstärkt nach den vermissten Hunden, Katzen oder Menschen Ausschau. Manchmal sehe ich auch ein Tier, was hier nicht her gehört oder sich eigenartig verhält und stelle dann später beim Lesen einer solchen Anzeige fest, dass es das vermisste Wesen gewesen sein könte. Ich rufe dann auch bei den Inserenten an und sage, was ich gesehen habe. Wer weiß, vielleicht trage ich zu einer glücklichen Zusammenführung bei… Wenn ich eine tote Katze sehe, trage ich sie im Tierschutzverzeichnis ein, um den Suchenden die Möglichkeit zu geben, ihr tier zu finden, usw. Kurz vor Silvester 2010 war jedenfalls eine Anzeige im Kleinanzeiger, dass Crusty, ein älterer Malinois-Rüde am 17.12. im Schwarzwald entlaufen sei. Am nächsten Tag sah ich einen Hund, auf welchen die Beschreibung ungefähr passen könnte, panikartig über ein Feld rennen. Alleine. Ich erinnerte mich an die Crusty-Anzeige und suchte sie raus. Dann rief ich bei den Leuten an. Man erzählte mir, dass Crusty aus dem Garten zusammen mit anderen Hunden der Familie entlaufen sei und nur die anderen beiden später zurückkamen. Wir kamen überein, dass aufgrund der großen Entfernung zwischen Entlaufort und Sichtung es unwahrscheinlich sei, dass ich Crusty gesehen hatte. Wenn auch gerade große Hunde ungeheure Entfernungen zurücklegen können in kurzer Zeit (daher wird in der Datenbank „Find mich Fix“ auch keine Sortierung nach Postleitzahlen wie bei Tasso vorgenommen, sondern hier wird unterschieden zwischen vermissten Hunden, gefundenen Hunden und dann wieder nach Hündin, Rüde und ohne Geschlechtsangabe). Aber bis heute hat mich sein Schicksal, sowie auch die Vermisstenanzeigen der Hunde, die an und um Silvester entlaufen waren, berührt und verfolgt (ich verstehe ja z. B. auch nicht, wie man mit seinem Hund an und um Silvester unangeleint rausgehen kann…aber das ist eine andere Geschichte). Heute habe ich im Internet in einem Forum, in welchem die Vermisstenmeldung für Crusty ebenfalls geschaltet war, den Beitrag einer Userin entdeckt, datiert vom 11. Februar 2011: Sie hätte sich bei einem der ansässigen Tierschutzvereine nach Crustys Schicksal bzw. Neuigkeiten erkundigt. Man habe ihr die Auskunft gegeben, dass Crusty nicht mehr lebt. Er sei im Wald tot aufgefunden worden. Einerseits ist es sicherlich eine Erleichterung, wenn man Gewissheit über das Schicksal eines Vermissten erhält. Andererseits ist damit die Hoffnung gestorben, ihn jemals wieder in die Arme schließen zu können.
Ich hoffe sehr, Crusty, auch wenn ich dich nicht kannte, dass du leicht gestorben bist. Dass du nicht leiden musstest und nicht in Panik oder Angst starbst, sondern so wie du aussahst: Stark, stolz und in Würde und schnell. Ich habe mir dein Bild so sehr eingeprägt, ich habe so oft an dich gedacht und an dein Frauchen, welches dich sicherlich verzeifelt gesucht und vermisst hat und ich habe gebetet, dass du nach Hause findest oder zu einem Menschen, der dir hilft. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Deine Schutzengel waren nicht da oder sie waren nicht stark genug. Daher war und bin ich heute über deine Todesnachricht sehr traurig. Ich denke an dich und zünde eine Kerze für dich an. Ich hoffe, du bist gut über die Regenbogenbrücke gekommen und kannst jetzt frei sein, ohne Leid, ohne Angst und ohne Schmerzen, die du in deiner Tierschutzvergangenheit erdulden musstest. Ich bin sicher, du wurdest in den letzten Jahren deines Lebens geliebt und du durftest auch lieben. Nun geht es dir für immer gut. Auch wenn ich dich nicht kannte, so möchte ich dich an dieser Stelle stellvertetend füer alle armen Seelen, die da draußen umherirren und womöglich ihr Ende finden müssten und müssen, hier verewigen. Machs gut, lieber Crusty. Grüß all meine Lieben hinter dem Regenbogen und sei frei! Forever with me.